Die Flensburger Altstadt wird anlässlich der bevorstehenden Jubiläen „60 Jahre Bonn-Kopenhagener Erklärungen" (2015) und „100 Jahre Volksabstimmung" (2020) zur „Deutsch-Dänischen Kulturachse" ausgebaut. Dieses Projekt beinhaltet die Aufwertung eines historischen Altstadtquartiers unter einem gesellschaftspolitischen Leitthema.
Das bis 2018 laufende Projekt „Deutsch-Dänische Kulturachse" der Stadt Flensburg wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Rahmen des Bundesprogramms „Nationale Projekte des Städtebaus" gefördert.
Das Projekt wird als Teil einer gesamtstädtischen Strategie („Flensburg-Strategie") verstanden, die zum Ziel hat, das historische Stadtbild für seine Gäste und Bürger*innen der Stadt aufzuwerten. Ziel der Strategie ist es u.a. Flensburgs oberzentrale Funktion im dänisch-deutschen Grenzland auch hinsichtlich seiner kulturellen Bedeutung zu stärken.
Mit der Förderung im Rahmen des Programms "Nationale Projekte des Städtebaus" sollen die historischen Kaufmannshöfe entlang der Kulturachse revitalisiert und instandgesetzt werden. Der Flensburger Kaufmannshof ist ein einzigartiger Bautypus, der Zeugnis ablegt von einer Jahrhunderte währenden, städtebaulichen, architekturgeschichtlichen und wirtschaftlichen sowie sozialen und politischen Entwicklung der Stadt. Er ist bis heute eine die Altstadt prägende Bauform, die stark identitätsbildend ist. Viele Höfe spiegeln dänische und deutsche Zeiträume der Stadtgeschichte in ihrer baukulturellen Ausprägung wider.
Durch die Zuwendung sollen Anreize für Eigentümer*innen von historischen Kaufmannshöfen geschaffen werden, Investitionen in denkmalpflegerische, energetische und ökologische Sanierung und Modernisierung vorzunehmen. Es ist geplant, Maßnahmen an mindestens drei und höchstens fünf Kaufmannshöfen, die aufgrund ihres jetzigen Zustandes gefährdet sind oder erhebliche Mängel aufweisen, durchzuführen. Dadurch soll wertvolle Denkmalsubstanz bewahrt und das Stadtbild aufgewertet werden.
Die Seehandelsstadt Flensburg entwickelte sich seit dem 12. Jahrhundert auf der Westseite des inneren Fördewinkels. Beiderseits der Straße, die die Kirchspiele St. Marien (mit dem Nordermarkt) und St. Nikolai (mit dem Südermarkt) verband (heute Holm – Große Straße – Norderstraße), lagen schmale, langgestreckte Parzellen. Auf den Grundstücken entstanden vor allem in der Blütezeit des 15. und 16. Jahrhunderts die für die Stadt typischen Kaufmannshöfe: an die Vorderhäuser, die Kontor- und Wohnräume enthielten, schlossen sich Saalbauten mit repräsentativen Wohnräumen an. Es folgten zurückgestaffelte Seitenflügel mit Kranerkern, die der Lagerung von Waren und gewerblichen Aktivitäten dienten. Seit dem 18. Jahrhundert, als die Stadt durch den Westindienhandel eine neue Blüte erlebte, wurden auf vielen Höfen sogenannte „Querspeicher“ errichtet.
Der Hauptstraßenzug Holm - Große Straße - Norderstraße ist noch heute das Rückgrat der Flensburger Altstadt. An ihm liegen wie an einer Perlenkette einzigartige Kulturdenkmäler, die von der dänischen und der deutschen Geschichte Flensburgs erzählen. Im Süden steht das Kulturzentrum Deutsches Haus, im Norden das Kulturzentrum der dänischen Minderheit, das Flensborghus.
Dazwischen liegen die einzigartigen Kaufmannshöfe, deren Erhalt und Instandsetzung mit dem Projekt „Deutsch-Dänische Kulturachse" gefördert werden soll. Viele Höfe konnten bereits durch die Städtebauförderung und/oder durch private Investitionen gerettet werden. Für viele ist dies nicht gelungen, und einige Höfe sind in ihrem Bestand gefährdet.
Es wird zurzeit untersucht, ob geförderte Sanierungsmaßnahmen bei den Höfen Angelburger Straße 11-15, Holm 62 „Sauermannhof", Große Straße 48 „Dietrich-Nacke-Hof" und Große Straße 73 und 75 durchgeführt werden können.
Ziel der Bundesförderung ist es, das historische Quartier der Flensburger Altstadt unter einem gesellschaftspolitischen Leitthema aufzuwerten. Die Idee der Deutsch-Dänischen Kulturachse liegt in der Erkenntnis, dass die baukulturellen Zeugnisse der Flensburger Altstadt sowohl von der langen Zugehörigkeit zu Dänemark als auch zu Deutschland widerspiegeln. Nach einem Interessenbekundungsverfahren und nach Durchführung von vier Modernisierungsgutachten wurden die beiden nebeneinander gelegenen Kaufmannshöfe Große Straße 73 und 75 für eine Modernisierungsförderung ausgewählt. Hier bot sich die Chance einer kleinräumigen Vernetzung zweier benachbarter Kaufmannshöfe. Beide Höfe sind durch ihre Fachwerkbauweise geprägt, die früher in der Flensburger sehr verbreitet war, aber durch viele Verluste selten geworden ist. Im Rahmen des begrenzten finanziellen Projektbudgets war nur die Umsetzung einer Maßnahme möglich, so wurden die geförderten Baumaßnahmen ausschließlich auf den Kaufmannshof Große Straße 73 begrenzt.
Der Kaufmannshof Große Straße 73 zählte zu Beginn des Projektes Deutsch-Dänische Kulturachse im Jahr 2014 zu den wenigen Kaufmannshöfen in Flensburg, die über eine weitgehend erhaltene, aber durch Leerstand und mangelnden Bauunterhalt stark geschädigte, vollständige Fachwerkkonstruktion verfügte. Durch die Sanierung konnte dieser Fachwerk-Kaufmannshof (Vorderhaus, Rückflügel und 2.Seitenflügel) weitgehend erhalten, denkmalgerecht saniert und einer neuen Nutzung zugeführt worden. Die Nutzung als Gaststätte und die Zugänglichkeit des Hofes, der mit dem Nachbarland Nr. 75 verbunden werden konnte, stellt sicher, dass der mit Hilfe von öffentlichen Mitteln sanierte Kaufmannshof in großen Teilen öffentlich wahrgenommen werden kann.
An der Westseite der Großen Straße hatten die Höfe keine Anbindung an den Hafen, hier wohnten Kleinkaufleute und Handwerker. Für den Kaufmannshof Große Straße 73 sind im 17. Jahrhundert Goldschmiede nachgewiesen. Hinter dem barocken Giebel von 1724 stehen Vorderhaus und Fachwerkflügel aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die in 2018 - 2019 nach langem Leerstand saniert wurden.
Das Projekt hat gezeigt, dass die Rettung historischer, lange vernachlässigter Bausubstanz eine große Herausforderung ist, gerade unter Zugrundelegung der heutigen rechtlichen Anforderungen an Bauwerke. Eine zusätzliche Schwierigkeit waren die steigenden Baupreise und die Verfügbarkeit geeigneter Firmen des Bauhandwerks in Zeiten von Hochkonjunktur im Baubereich. Ein Projekt, das sich in jeder Hinsicht gelohnt hat. Zum einen wurde das Bewusstsein in der Stadt für die Aufgabe der Erhaltung historischer Bausubstanz gestärkt, zum anderen wurde ein einzigartiger Kaufmannshof in Fachwerkbauweise für kommende Generationen gerettet.
Mit der Sanierung des Kaufmannshof Große Straße 73 wurde eines der wesentlichen Ziele des Projekts Deutsch-Dänische Kulturachse erreicht, in dem ein stark gefährdeter, wertvoller Kaufmannshof durch Instandsetzung und Modernisierung einer neuen Nutzung zugeführt, in seinem Bestand gesichert wird und als Vorbild für weitere erforderliche Sanierungen von Kaufmannshöfen dient. Damit hat das Projekt auch eine Leitfunktion für das neue Sanierungsgebiet "Westliche Altstadt", das im Programm "Städtebaulicher Denkmalschutz" begonnen und im Nachfolgeprogramm "Lebendige Zentren" fortgesetzt werden soll.
Die förmliche Festlegung erfolgte im September 2019. Im Sanierungsgebiet sind bei einer Vielzahl historischer Kaufmannshöfe sogenannte Missstände festgestellt worden, sodass die Erfahrungen aus dem Projekt "Deutsch-Dänische Kulturachse" hier in die Arbeit einfließen können. Für einige der betroffenen Kaufmannshöfe wurden bereits Modernisierungsuntersuchungen im Rahmen des Kulturachsen-Projekts begonnen. Im Maßnahmenkatalog des Sanierungsgebiets "Westliche Altstadt" liegen aber auch weitere, große Herausforderungen. Hierzu zählt die Sanierung des Eckenerhauses, des Deutschen Hauses, die Neugestaltung des Südermarkts und weiterer öffentlicher Räume z.B. Neumarkt, Rathausstraße und Nordergraben.
2020 | Die Deutsch-Dänische Kulturachse, Flensburger Altstadt
Dokumentation, PDF [29,50 MB]
Entdecken Sie 18 spannende Kaufmannshöfe bei einem Rundgang
2015 | Kaufmannshöfe in Flensburg
Faltblatt, PDF [3,07 MB]